�Rückentwicklung� eines Fleischmann-Tenders pr. T 31,5

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#1 | �Rückentwicklung� eines Fleischmann-Tenders pr. T 31,5 datum

18.03.2021 19:19 (zuletzt bearbeitet: 04.05.2021 20:03)

Der Tender pr. T31,5 zählt seit langem zum �Standardsortiment� bei Fleischmann. Er gefällt eigentlich durch sehr filigrane Gravuren der Kunststoff-Gehäuseteile. (So sehe ich z. B. keine Notwendigkeit, die raffiniert angespritzten Griffstangen unbedingt durch solche aus Messing zu ersetzen.)

Ursprünglich zur BR39/P10 gehörend, kam er bald auch hinter anderen Lokbaureihen zum Einsatz. Leider hat man dabei nicht berücksichtigt, dass die spezielle Bauform 1922 des P10-Tenders nur selten mit anderen Lokbaureihen gekuppelt war. Verbreiteter waren die Bauformen 1911 und 1914, die mit der S10-Familie und später teilweise auch schon werksseitig mit P8 geliefert wurden.
Mag man die Verwendung des P10-Tenders hinter Loks der Baureihen 17 und 38 in DRG-, DR- und DB-Ausführung noch mit der Ausrede eines theoretisch möglichen Tendertauschs rechtfertigen, so wird der Einsatz eines solchen Tenders, der ja in dieser Form erst ab 1922 gebaut wurde, hinter einer Lok der Bauform 1911 im Länderbahn-Lieferzustand absolut absurd.
Dabei wäre es für die Firma Fleischmann ein Leichtes gewesen, dies zu ändern: Im Wesentlichen hätten für die Tender-Werkzeuge zwei Paar Wechsel-Einsätze am Kohlenkasten- und am Rahmen-Werkzeug angefertigt werden müssen. Umgelegt auf die Serienfertigung wäre das en Mehraufwand von maximal 10 EUR pro Modell gewesen. � Und mal ehrlich: Wen hätte das vom Kauf der sonst hervorragend gestalteten S10.1 abgeschreckt?!
Im folgenden Beitrag möchte ich zeigen, welch Riesenaufwand es dagegen ist, den �Unfug� individuell zu beheben und den Tender in die Bauform 1911 oder 1914 �zurück zu entwickeln�.
Was sind nun die gravierendsten Unterschiede, die zu korrigieren sind?
Insbesondere sind die Drehgestelle der früheren Bauarten sehr viel �luftiger�.

Oben die Vom Fleischmann-Fahrgestell abgetrennten Drehgestell-Blenden der Bauform 1922, unten das Ersatz-Bauteil der alten Bauform.
Die Bauform 1922 hatte eine zusätzliche Abfederung durch Schraubenfedern unmittelbar am Achslager, zu erkennen an den hufeisenförmigen Bügeln, die die Achslager umschließen.
Die hinter den Bügeln �versteckten� Schraubenfedern, die als Primärabfederung der Tenderachsen dienen, sieht man nur bei günstigem Blickwinkel und Lichteinstrahlung.

Das muss im Modell nicht unbedingt dargestellt werden. Denn normalerweise sieht man das so:

(Bilder aus EK "Baureihe 58.30)
Markant unterscheidet sich auch der Kohlenkasten �1922� durch seine lange Abschrägung vorne von den Vorgängermodellen.

]

Es sind also Änderungen sowohl am Tenderfahrgestell, als auch am Gehäuse angesagt.

Ich zeige die nötigen Arbeiten am Beispiel einer DRG-Ausführung der S10.1.

Man kann ohne Lötkolben den Tender von der Lok trennen, indem man die beiden Platinen des Tenders ausclipst. Vorsicht! � Bei den frei herumhängenden Platinen brechen leicht die Kabel unmittelbar an den Lötstellen ab. Hier würde man sich eine Zugentlastung wünschen.
Nun kann also der Tender weiter zerlegt werden. Um den Getriebeblock auszubauen, muss man zunächst auch die Kupplungs-Kinematik demontieren.
Wenn man ohnehin beabsichtigt, die hinteren Tenderlaternen vorbildgerecht freistehend auszuführen, kann man, wie im Bild gezeigt, gleich die Lampenhalterung vom Getriebeblock trennen. Das erleichtert die zukünftige Montage/Demontage erheblich.

Nun werden die am Tenderrahmen angespritzten Drehgestell-Blenden abgesägt. Die seitlich vor den vorderen Drehgestellen platzierten Werkzeugkästen müssen von hinten �freigestellt� werden.

Der Tenderrahmen erhält bei dem Umbau auch ein vorderes Rahmen-Füllstück. (Für die BR39 war der Rahmen an dieser Stelle vorbildwidrig eingezogen, um bei Kurvenfahrt nicht mit den fest am Führerhaus angebrachten Leitern zu kollidieren.) Um das Füllstück ansetzen zu können, müssen die angedeuteten Teile des Bremsgestänges in diesem Bereich abgeschnitten werden.

So sieht dann der �nackige� Tender-Rahmen aus.
Wegen der bei dem Füllstück durchlaufenden Handbrems-Welle ist der Getriebeblock auch vorne zu kürzen, um einen ungehinderten Ein/Ausbau zu gewährleisten.

Nun wird der Getriebebock provisorisch wieder in den �nackten� Rahmen eingesetzt.

Die neuen �alten� Drehgestell-Blenden werden nun anhand des Getriebes positioniert und mit wenig Sekundenkleber fixiert. Ebenso das Füllstück vorne.
Nachdem das Getriebe wieder ausgebaut wurde, werden alle Spalten zwischen Originalrahmen und neu angebrachten Bauteilen �satt� mit Gießharz verfüllt.

Nach dem Aushärten werden die Fugen bearbeitet.

Im Bereich der Stromabnehmer müssen die Haltestege der eingeklebten Drehgestell-Blenden etwas ausgeschliffen werden, um die Beweglichkeit der Schleifer nicht zu behindern.
Ein passender Kunststoff-Streifen (Pfeil) leistet gute Dienste, um die Schleifer vorübergehend oben zu halten.

So sieht nun das fertig bearbeitete Tender-Rahmenteil von unten aus.

Das gleiche aus anderer Perspektive.

Mit einer Farbbehandlung sind die Arbeiten am Tender-Rahmen abzuschließen und das Fahrgestell kann bereits wieder komplettiert werden. (Wegen der Grundeinfärbung der Bauteile kann man hier auch mit dünnem Pinsel-Auftrag gute Resultate erzielen.)

Nun zum Tender-Oberteil:
Beim Betrachten von Vorbildfotos fällt eine Nietenecke am Vorderende des Tenders markant auf. Hier zwei Bilder aus den EK-Band �S10-Familie�.

Diese Abweichung vom Nietenbild gibt es nur auf der Lokführerseite. (Hat jemand eine Ahnung, wozu diese Einpolterung in den Wasserkasten diente?)
Bei dem sonst hervorragend gravierten Fleischmann-Modell fehlt diese Nietenecke. (Beim ROCO-Tender ist sie dagegen fälschlicherweise beidseitig angedeutet.) Korrekt ausgeführt wurde das von Märklin/Trix. Also habe ich dort eine Teilabformung des entsprechenden Bereichs �gezogen� und über mehrere Zwischenschritte diese Nachbesserungs-Maske aus Silikon erstellt.

Zur Anwendung wird zunächst der entsprechende Bereich im Fleischmann-Gehäuse großzügig ausgeschnitten.

Dann die Maske aufgesetzt und fixiert�

und das Loch nun von hinten mit thixotrop eingestelltem Gießharz verspachtelt.

Nach Aushärten und Abnehmen der Maske sieht der Bereich jetzt so aus:

Die Nieten im markierten Bereich sind noch zu entfernen.

Natürlich ist auch die Innenkontur so wiederherzustellen, dass das Ballastgewicht passt.

Wie beim Rahmen wurde auch die Tenderbühne bei den P10-Modellen eingezogen. Damit die nun am Tender zu befestigenden Aufstiegsleitern nicht �in der Luft� enden, ist auch dieser Bereich zu korrigieren.
Wieder kommt die �Masken-Technologie� zu Einsatz. Hier werden die zu ergänzenden Bereiche im wahrsten Sinne des Wortes �angespritzt�. Hier muss man sehr gefühlvoll arbeiten: Gibt man zu viel Druck �überspritzt� das Material über den vorgesehenen Bereich hinaus, was mühsam wieder zu entfernen ist.

So sieht nun die verbreiterte Tenderbühne aus.

Anmerkung: Bei den S10-Tendern war die Bühne tatsächlich sogar noch breiter. Ich finde das aber einen vertretbaren Kompromiss, wenn man nicht die gesamte Tenderfront ersetzen will.

Nun wenden wir uns dem hinteren Ende des Tendergehäuses zu. Im Modell wurden die Laternen der Einfachheit halber auf den hinteren Trittblechen platziert, im Original stehen sie auf Haltewinkeln freistehend dahinter. Ich habe mich für die Fischer-Laternen entschieden passend zur Epoche ll in der Ausführung mit Scheibenkasten.
In die Trittbleche, die ursprünglich die Laternen hielten, wird ein Schlitz passend zur Breite der neuen Laternen-Stege eingearbeitet und die Laternen darin mit wenig Sekundenkleber fixiert.

Um die hier noch sichtbaren Löcher zu verfüllen, werden hauchdünn gegossene Riffelblech-Folien (weiters hierzu siehe hier: Riffelblech-"Folie" selbst hergestellt) auf die Trittflächen geklebt und dabei die Spalten verfüllt. Auch der große Quer-Tritt bekam eine entsprechende Oberflächen-Aufwertung (�bei den kleinen Tritten erscheint mir dieser Aufwand oder gar das komplette Ersetzen durch Messingguss-Teile übertrieben).

Um später das Gehäuse ohne �Gefummel� abnehmen zu können, ist bei der Stromversorgung der Laternen etwas mehr Aufwand nötig. (Wer schon einmal bei einer Gützold 58.30 das Tendergehäuse abnehmen wollte, wird das zu schätzen wissen�)
Die Laternen selbst werden mit der Anschluss-Platine von Fischer-Modell verbunden. Die Stromzuführung wird aber nicht verlötet, sondern mit federnden Kontakten versehen, die gegen eine kleine Platine am Tender-Fahrgestell drücken.

Hier ist diese Kontaktplatte zunächst mit provisorischen Anschlüssen für den �Lichttest� versehen.

Die endgültige Verdrahtung der Beleuchtung nach bestandener Leuchtprobe sieht doch recht übersichtlich aus. Der rote Draht ist mit dem linken Schleiferkontakt verbunden.

Nun bleibt nur noch der Einbau des neuen �alten� Kohlenkastens. Hierfür habe ich verschiedene Ausführungen im Angebot:

Es sind zu sehen (von links nach rechts): Ausführung 1911, Ausführung 1914 und die Reko-Auführung für BR 58.30.
Anmerkung: Die hier weiß erscheinenden Bereiche sind rau vom Nacharbeiten der Anguss-Bereiche. Das verschwindet schon bei dünnem Farbauftrag (oder später unter der Kohle).
Alle Ersatz-Kohlenkästen sind passgenau mit Nut und Rastnasen wie das Original-Fleischmann-Teil ausgeführt. Trotzdem empfehle ich, den eingeclipten Kohlenkasten aus Stabilitätsgründen komplett am Rand zu verkleben.

Wenn man bei den Ausführungen 1911 und 1914 auf Aufsatzbretter verzichtet, muss das originale Ballastgewicht etwas �eingekürzt� werden.
Hier ist zu sehen wie der �Berg� des Ballastgewichtes die Kohlenkasten-Seitenwand überragt.

Dieser �Berg� lässt sich relativ einfach mit der Handfräse abtragen, z. B. so:

Das Ballastgewicht soll lose im Gehäuse bleiben. Deshalb wird vor der �Bekohlung� zunächst eine Trennfolie aufgebracht und diese kräftig mit Trennwachs behandelt. Gut eignet sich dafür gewöhnliches PVC-Isolierband. Dieses ist flexibel genug, um sich gut an die Rundungen anzulegen. Die Spalten am Rand werden mit Knetmasse verschlossen.

Nun kann zähflüssiges Resin aufgespachtelt und darin die erste Lage Echtkohle eingebracht werden.

Sobald das Harz geliert kann man auf die �Grund-Lage� Kohlen noch eine feine Schicht Extra-Kohle aufschütten und diese mit einer Wasser-Kleber-Suspension (Weißleim oder Tiefgrund LF) fixieren.

Wenn alles durgehärtet ist, sollte sich das Ballastgewicht durch einen beherzten Schlag wieder vom Tendergehäuse lösen lassen. Trennfolie und Knete-Reste werden entfernt.

So sieht die �Kohle� nun von unten aus. � Passt wie angegossen!

Wie sich herausstellte waren beim Hantieren die �Spinnenfäden� der Laternenanschluss-Drähte bei einer Laterne abgerissen. Nachdem ich das wieder �zusammengefummelt� hatte, habe ich das Ganze dann doch lieber in etwas Silikon eingebettet.

Schließlich sind noch die vorderen Aufstiegsleitern anzubringen. Die Teile von Fleischmann ließen sich zwar gut unter das neu entstandene Trittblech kleben, sind aber völlig Phantasie und keiner Vorbild-Ausführung zuzuordnen. Besser passen z.B. die Reitz-Leitern Nr. 1070.
Wenn man die Messingteile chemisch schwärzt, kommt man später mit einem sehr dünnen Farbauftrag aus.

Noch etwas Farb-Finish und fertig ist unser Tender. (Was für ein Aufwand, weil die �Geizknochen� bei Fleischmann sich nicht getraut haben, ein paar Euro mehr in die Entwicklung zu investieren!)

Damit Lok und Tender im gleichen Erscheinungsbild daherkommen, sind auch noch die vorderen Loklaternen zu ersetzen. Auch hier muss man zunächst die großen Öffnungen der Original-Laternen-Aufnahmen verschließen, um dann ein 1mm-Loch für die Zapfen der Fischer-Laternen bohren zu können. Die Verlegung der Anschlussdrähte der Laternen erfolgt im Verlauf des ehemaligen Lichtleiters. Man muss aufpassen, dass die Drähte nicht in die Fügespalten an der Umlauf-Unterseite geraten.

Angenehmerweise passt die Fischer-Anschluss-Platine fast genau in die Aufnahme der vorherigen Glühbirnen-Halterung.

Nun also Lok und Tender wieder verbinden und ab zur Probefahrt!

Auch nach dem Umbau läuft das Modell anstandslos über R358-Industriegleis!

Abschließend noch ein paar Vorher-Nachher-Vergleiche:

Der Heizer freut sich über deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen!

Bei der Tender-Gegenüberstellung fallen die freistehenden Laternen ins Auge.

Da ich das Lok-Gehäuse einmal �in der Hand� hatte, habe ich bei der Gelegenheit auch dem �Trompeten�-Schornstein einen schlanken Rand verpasst.

(Mit ein wenig Ehrgeiz ginge das auch im Plastspritzguss deutlich besser umzusetzen. Im Zweifelsfalle fände ich einen etwas dickeren Rand allemal besser als diese Trompeten-Öffnung.)

Zu guter Letzt noch ein paar Total-Ansichten:

Nachsatz: Diese Lok und einige �halbfertig� umgebaute Tender können käuflich erworben werden. Anfragen, auch zu Einzelteilen oder Umbau-Aufträgen, bitte per PN!


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