vorgestern, also am Donnerstag, war ich in Praha, um zusammen mit zwei Kommilitonen den eigenwirtschaftlichen SPNV (Schienenpersonennahverkehr) von Arriva Tschechien zu testen. Zwischen Benešov u Prahy und Praha hlavní nádraží bietet Arriva Tschechien werktags zwischen 5 und 21 Uhr im 2-Stundentakt (mit einer Taktlücke am Mittag) Fahrten an. 51 bzw. 52 Minuten Fahrtzeit werden er für die 49 km bis Benešov benötigt. Am Wochenende hingegen wird ein Zugpaar von Praha in die Slowakei angeboten. Dieses Angebot ist übrigens nicht der erste Anlauf von Arriva im Tschechischen SPNV, nur waren die bisherigen nicht wirklich erfolgreich.
Zum Einsatz kommt ein uns wohl bekanntes Fahrzeug: Hinter dem verwendeten Triebwagen 845 001 und seinem Steuerwagen 945 001 verbergen sich der ehemalige 628 246 und sein zugehöriger Steuerwagen 928 246. Dieser ist seit 2012 in Tschechien im Einsatz und wurde dafür umfangreich aufgearbeitet und modernisiert. Er präsentiert sich dem Fahrgast daher in nahezu neuwertigem Zustand. Die ehemaligen Hofer 610 017 und 610 018 waren auch eine Zeit lang bei Arriva Tschechien im Einsatz, sollen sich nun aber wieder in Hof befinden.
Mit dem folgenden Flyer, welcher auch im Fahrzeug auslag, wird das Angebot beworben.
Der Zug ist in Praha hlavní nádraží angekommen. Vítejte bedeutet übrigens Willkommen. Es sind übrigens nicht alle auf dem Bild sichtbaren Personen mitgefahren. Auf der Hinfahrt waren es etwa 13 Personen, die im Zug saßen.
50 CZK, etwa 1,85 Euro, muss man beim Zugbegleiter für die einfache Fahrt investieren. Dafür erhält man dann folgenden Fahrschein.
Der Einstiegsbereich (in diesem Fall der mittlere). Links ist der Wasserspender zu sehen.
So schaut der Innenraum aus.
Eine der 4er-Sitzgruppen.
Die Kinderspielecke.
Das Fahrzeug verfügt ausschließlich über eine 2. Klasse. Anstatt einer 1. Klasse ist stattdessen ein Ruhebereich vorhanden. Decken und Kissen liegen aus und können kostenfrei genutzt werden.
Der Führerstand. Links das mit den vielen Antennen dran ist der WLAN-Router.
Das Zuglaufschild. Da die Zugzielanzeigen ja nur Vítejte Anzeigen neben den mündlichen Ansagen die einzige Möglichkeit, sich über das Fahrtziel zu informieren.
Angekommen in Benešov.
Hier ergab sich die Möglichkeit, ein paar Außenaufnahmen vom Fahrzeug aufzunehmen.
Hier sieht man die beiden funktionsfähigen der 5 Lampen am 945 001.
Zwei Stunden später ging es dann wieder zurück nach Praha. Hier bei der Einfahrt.
Und in Praha angekommenen. Hier sieht man auch, dass am Steuerwagen bereits Zugschlusstafeln angebracht sind.
Fazit
+ bequeme Sitze + Steckdosen + freies und kostenloses WLAN + Sauberkeit + freundliches und kompetentes Personal + Fester zum Öffnen + Fahrradhalter + Catering + kostenloses Trinkwasser
- nicht barrierefrei - keine Klimaanlage - keine FIS-Ansagen (Ansagen gab es nach Bedarf auf Tschechisch, Englisch und/oder Deutsch) - etwas wenig Beinfreiheit in der normalen 2. Klasse - Tischchen ohne Rand, sodass Gegenstände u.U. in den Kurven herunter rutschen können - langsame Beschleunigung
Vielen Dank für den Bericht. Ich staune nicht schlecht! Das ist bei uns ja undenkbar, Bequeme Sitze *träum* dazu noch Preise wie sie bei einem vom Bund finanzierter Infastruktur sein sollten.
Der 628 ist ein klasse Fahrzeug und etwas modernisiert auch heutigen Aufgaben im Fernverkehr auf Nebenlinien gewachsen. Wer mal von Stettin nach Berlin mit einem Stadler GTW 2/6 der Regio BR 646 gefahren ist, weiß den 628 zu schätzen.
danke für den Bericht. Sehr schön zu lesen. Ich habe neulich in der DB Welt davon gelesen aber mich bisher noch nicht weiter drüber informiert. Interessant finde ich ja den Wasserspender. Und so schön modern hergerichtet. Schaut echt gut aus der 628er. Das Mensch ärgere dich nicht Spiel ist auch eine nette Idee. Und 4 Minuten Wendezeit sind auch mal interessant. Für einen "Fernzug" schon ganz schön sportlich. Aber ich denke, dass in Tschechien bei dem sporadischen Bahnverkehr Verspätungen eher die Seltenheit sind.
@ Andy
Ich denke nicht dass man Tschechien mit Deutschland vergleichen kann. Natürlich sind das Traumpreise, aber du weißt sicherlich, dass die Leute dort auch weniger verdienen. Ebenso könnte ein Schweizer nach Deutschland kommen und sich freuen wie günstig hier alles ist.
Warum hat das die DB nie geschafft mal eine vernünftige Innenraumausstattung für den 628er zustandezubringen? Der Innenraum des oben abgebildeten Zugs sieht jedenfalls vergleichsweise echt super aus.
P.S. Fernverkehr mit dem 628er habe ich auch schon mitgemacht: Von Linz nach München über Ried im Innkreis, Mühldorf, Markt Schwaben. Aber mit den engen Sitzabständen des DB-628ers war das eher eine Tortur.
Weil Zweckverbände und Verkehrsverbünde gern Neufahrzeuge hätten, die alle möglichen TSI Bestimmungen erfüllen, damit hinterher nicht irgend so ein Behindertenverband (erfolgreich) klagen kann.
Herrlich schöner Beitrag der Fernweh macht. Mit liebe zum Thema und Detail. Hut ab, das hat Vorbildcharakter. Im Vergleich zu den heimischen 628 hat man echt was nettes draus gemacht. Sieht Innen immer noch netter wie jeder Doppelstockwagen aus. Über solche Beiträge freue ich mich immer. Von der Zulassungs-Raster hast du wohl kein Bild gemacht? Würde mich ja mal interessieren, so er so fahren "darf". Fenster zum öffnen?! Wie genial ist das denn? Man kann noch selbst über die Temperatur bestimmen. Das ist doch Reisekultur.
Da erinnere ich mich an ein Lied der Nina Hagen wo es passend heiß: "es ist alles so schön bunt hier". Wahrlich eine interessante Vorbildwahl. Dem Zug steht auch (fast) jeder Lackierung. ...außer jene der EVB, zwinker.
Regionalfahrzeuge waren ja schon immer Sparversionen. Da wurde doch nie viel verschönert. Bemängelt wird bis heute beim 628, dass die überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge nur einen angebtriebenen Teil haben. Anders die 628.4. Dann denke ich, erübrigt sich zum Glück auch verbrauchsbedingt eine Klimaanlage. Deren Luft eh nicht gesundheitförderlich ist und zunehmend wird man darüber zwangsbeduftet.
Das mit den den TSI-Normen erscheint mir manchmal mehr als Vorwand, so lassen sich Fahrzeugneukäufe besser begründen. Schließlich lebt die heutige Industrie ja nur noch von Neukäufen in der erzwungen Wegwerf-Gesellschaft. Und wie man bei aktuellen Unfällen sieht, sind diese TSI-Konformen "Bunkerkabienen" letzten Endes auch keines wegs unbeschädigt geblieben. Was nützen schon Verschleißelemente, menn der Rest in Leichtbau gebaut ist.
Zum Thema Barrierefreiheit, nun ja es gab ja mal Rampen und dazu bedienendes Bahnhofspersonal. Habe in meinem Leben auch selten Rollstuhlfahrer Bahn fahren sehen. Da mag ich mich unbeliebt machen, aber man kann nicht allen Bevölkerungsteilen wegen Fahrzeuge umbauen oder auf den Schrott schicken.
Nett modernisiert könnte man sie sicher noch 10 bis 20 Jahre rumgurken lassen. Aber im Fernverkehr?! So wie die 612er. Bitte nicht.
Zitat von europalok im Beitrag #9Von der Zulassungs-Raster hast du wohl kein Bild gemacht? Würde mich ja mal interessieren, so er so fahren "darf".
Nein, das habe ich versäumt. Allerdings haben wir wo wir davor standen uns über das Zulassungsraster unterhalten. Von daher kann ich dir sagen, dass da auf jeden Fall D, A, CH, DK und CZ drin stand.
Zitat von europalok im Beitrag #9Bemängelt wird bis heute beim 628, dass die überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge nur einen angetriebenen Teil haben. Anders die 628.4.
Auch die 628.4 haben nur einen Motor, wenn auch mit mehr Leistung als der 628.2. Was du vielleicht meinst sind die 629.
Zitat von m-a-l-3000 im Beitrag #7P.S. Fernverkehr mit dem 628er habe ich auch schon mitgemacht: Von Linz nach München über Ried im Innkreis, Mühldorf, Markt Schwaben.
Da gab's doch auch eine Weile einen echt netten, kurzen Öbb-EC auf der Strecke.
Zum Beitrag selbst: Mir ist besonders der große Mülleimer positiv aufgefallen! Das vermisse ich in den meisten Zügen neben geräumigen Gepäckabteilen am meisten.
Zitat von europalok im Beitrag #9 Das mit den den TSI-Normen erscheint mir manchmal mehr als Vorwand, so lassen sich Fahrzeugneukäufe besser begründen. Schließlich lebt die heutige Industrie ja nur noch von Neukäufen in der erzwungen Wegwerf-Gesellschaft. Und wie man bei aktuellen Unfällen sieht, sind diese TSI-Konformen "Bunkerkabienen" letzten Endes auch keines wegs unbeschädigt geblieben. Was nützen schon Verschleißelemente, menn der Rest in Leichtbau gebaut ist.
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Die Crash Norm für Eisenbahnfahrzeuge nach TSI ist ausgelegt auf Aufprallgeschwindigkeiten von 50 km/h auf ein stehendes Hindernis. Im Fall Bad Aibling haben sich beide Züge mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zu bewegt. Gedanke bei der Normgestaltung waren eher Bahnübergangsunfälle mit Kraftfahrzeugen.
Gruß Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
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Was man aus einem 628 machen kann
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12.03.2016 17:19 (zuletzt bearbeitet: 14.03.2016 12:56)
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Grüße aus Süddeutschland 
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