vor einigen Jahren fand ich ein Video, welches aber mittlerweile aus urheberrechtlichen Gründen (GEMA und Musik) gesperrt ist. Gegenstand des Gezeigten war eine ziemlich einfache und effektive, aber auch im ersten Moment recht haarsträubend wirkende Methode zum Patinieren von Güterwagen. Nach einigen Jahren bastlerischer Abstinenz in Sachen "Dreckigmachen" erinnerte ich mich an das Video und testete das dort beschriebene Verfahren, weil mir ein Teil meiner mit Pulverfarben gealterten Güterwagen nicht mehr gefielen. Bei dieser Gelegenheit nahm ich mir auch ein paar Schachtelwagen vor, deren Plastikglanz mich allmählich ärgerte. Ich werde mit einem Güterwagen ex box (aus der Schachtel) beginnen. Wie so einer aussieht muss ich wohl nicht näher besprechen, weil dieser bedauernswerte Zustand jedem geläufig sein sollte. Trotzdem mal ein Bild von so einem Kandidaten.
Nach dem Zerlegen in seine Bauteile zeigt sich exemplarisch dann in etwa folgendes Bild:
Das Zerlegen der Wagen zur Bearbeitung hat den Vorteil, dass die Achsen, KKK und Kupplungen nach dieser nicht gereinigt werden müssen. Zudem lassen sich einige Teile im Laufe des Prozederes besser handhaben, sollte etwas auf Anhieb nicht gelingen wollen. Besonders glatte Dächer wollen manchmal nicht sofort mitspielen, weshalb man sie öfter behandeln oder auch einmal komplett reinigen muss. Eine Grundierung mittels Mattlack kann bei glatten Flächen ebenso hilfreich sein wie eine Vorbehandlung mit Puderfarben. Hier mal ein paar Wagen, die nach einer verunglückten Patinierung mit Puderfarben wieder ansehnlich wurden.
Beim letzten Wagen verunglückte ein Versuch mit Mattlack, der nach dem Trocknen den Plastikglanz noch verstärkte.
Nachdem ich euch mit den Bildern hoffentlich die Angst etwas nehmen konnte, komme ich nun zu den nötigen Utensilien: - ein Marmeladenglas - ein Paar Fünffachkondome (Einweghandschuhe) - Servietten von der Rolle (Küchentücher) - schwarze Abtönfarbe - braune Abtönfarbe - einen Spritzer Spülmittel - nicht aggressives Universallösungsmittel (Wasser) - ein Kalt-/Warmluftgebläse (Fön) - Greifwerkzeug (Pinzette oder Klemmpinzette) - Küchenspüle
Vorbereitungen: Abtönfarbe beider Couleur in ein Marmeladenglas geben, einen Spritzer Spülmittel hinzu und mit Wasser auffüllen. Deckel auf das Marmeladenglas draufschrauben, dann gut durchschütteln. Die Bläschenbildung ist unkritisch. Das Mischungsverhältnis der Farben erfolgt nach eigenem Gusto, sollte aber im Bereich von dunklem Umbra bzw. altem Gummi (Referenz ist z.B. der Farbton "Rubber" von Modelmaster) liegen. Der Wasseranteil ist im ersten Moment egal, weil dieser sich sowieso ständig verändern wird, wenn man mehrere Wagen bearbeitet. Ein Nachmischen während der Verarbeitung relativiert das Mischungsverhältnis ohnehin, weshalb hier ziemlich zwanglos herangegangen werden kann. Als nächstes drappieren wir den Fön in der Nähe der Küchenspüle, weil wir ihn gerade dort benötigen werden. Das Küchenpapier reißen wir in Streifen von 5-6 Blättern ab und legen diese auf die Größe eines Blattes zusammen. Dann suppt die Alterungsbrühe nicht sofort auf die Arbeitsplatte durch, wenn wir die Wagenteile zum Abtropfen ablegen. Zudem spart es eine Menge Zeit und Aufwand, wenn wir Mutti's Küche am Ende wieder sauber verlassen wollen. Aufgrund der Wasserverdünnbarkeit der Lösung lässt sich auch das Spülbecken schnell wieder reinigen, was Dissonanzen mit Mutti auf ein Minimum begrenzt.
Verfahrensweise: Wir nehmen das Marmeladenglas und schrauben den Deckel ab.
Tunken dann Wagenkasten, Fahrwerk und Dach hinein.
Dann abtropfen lassen und trockenpusten. Der Fön wird dabei mal auf kalt, mal auf mäßige Wärme geschaltet. Schließlich sollen sich die Teile nicht verziehen, was bei zu großer Wärmezufuhr zu einem Problem werden könnte.
Bei Bedarf wiederholen wir die Schritte bei den jeweiligen Teilen, an denen uns der gewünschte Grad der Verwitterung noch nicht zusagt.
Der Entwickler dieser Methode (Big Al Mayo von Monsterrailroad) gab ihr den Namen "Weather dippin'.
Hallo LKB, genau zu diesem Thema und inspiriert durch "Big al Majo" habe ich im November 2010 Tests durchgeführt und eine ausführliche, bebilderte Doku auf meinem Blog veröffentlicht. Mein Fazit: "Die Methode von „Big Al Mayo“ ist für mich keine Alternative. Beim washing habe ich halt doch zuwenig Kontrolle über das Ergebnis. Außerdem wäre wohl auch eine wesentlich längere Experimentierphase mit der Zusammensetzung und Fließfähigkeit des washing notwendig."
nach der ersten Versuchsreihe mit mehreren Wagen kann ich keine Unkontrollierbarkeit feststellen. Häufig muss ich das Dippin' mehrfach wiederholen, damit der gewünschte Verwitterungszustand erreicht ist. Was mir allerdings auffiel, ist, dass glatte Dächer kein guter Untergrund sind. Ein guter Haftvermittler sind Puderfarben, weil diese die Oberfläche aufrauen. Eine Grundierung mit mattem Klarlack aus der Airbrush ist allerdings auch noch nicht der Stein der Weisen. Das könnte aber auch an dem von mir verwendeten Mattlack liegen. Weitere Versuche werden darüber Aufschluss erbringen müssen.
Ich bin kein Alterungsspezialist und kann nichts zu den einzelnen Methoden beitragen. Allerdings fällt mir auf, dass im Original die Farben eher ausgeblichen als nachgedunkelt sind. Dass die Bretterfugen dunkel erscheinen liegt auch an der Schattenwirkung, es muss sich nicht unbedingt um Schmutzablagerungen handeln. Hier ein Beispiel einer "Extremalterung", fast ein Aquarell:
zeigst Du uns bitte noch aus Deinem Bilder-Kaleidoskop den fertigen (in den drei letzten Bildern gezeigten) Gl11 mit der Zuban-Werbung. Das fände ich sehr bereichernd, zeigt das doch Deinen aktuellen Stand der Experimente. Danke schon mal im Voraus.
der Zuban Gl11 war gestern noch nicht trocken, weil ich ihn erst unmittelbar vor der Beitragserstellung zur Gewinnung der Bilder bearbeitete. Die abgebildeten Glmhs38 (Hinz&Kunz) und Glmrs38[P] (Kuba Imperial) stammen aus der Testserie zum Verfahren ein paar Tage vorher. Bei meinen beiden Gl11 und einem weiteren Glmhs38 müssen die Wagenkästen wie auch die Dächer nochmal ins Bad. Leider zeigte sich bei meinem Fön ein Kabelbruch, den ich gestern Abend noch reparieren musste. Sonst wäre mir meine Frau auf's Dach gesprungen, da sie ihn heute Morgen dringend brauchte. Das brachte mein Timing etwas durcheinander. Also geht es nach dem Frühstück weiter.
.... das kenn ich: Sachen von der Frau zum Basteln nehmen. Hab´s sogar schon mal fertig gebracht, aus so einem Deko-Dings heimlich eine kleine Perle mit Loch rauszuschneiden, weil sie die ideale Größe für ein Dachausgestaltungs-Teil hatte :-D
Die Wagenkästen gefallen mir prinzipiell besser als vorher. Aber eines ist schon jetzt eindeutig erkennbar. Während lackierte Gewebedächer mit dieser Patinierungsmethode durchaus überzeugen können, gibt es bei Blecheindeckungen massive Probleme. Zudem habe ich mir noch einige Gedanken über weitere Verbesserungen gemacht, die im Vorfeld passieren sollten. Dazu aber später mehr, wenn die Tests dazu abgeschlossen sind.
Nur mal so ein Gedanke: Was wäre, wenn man - statt komplett die Teile einzutauchen - einfach den realen Verschmutzungsprozess simuliert, in dem man das Gemisch in einen Pflanzensprüher füllt und den vollständigen, undemontierten Wagen leicht halbschräg von oben benetzt ?
Keine schlechte Idee. Mach das doch mal und berichte von deinen Erfahrungen! Ich für meinen Teil werde die Tauchbadmethode weiterentwickeln, weil meine momentanen Kapazitäten aufgrund anderer Projekte gerade ausgelastet sind.
Hallo, habe diese Variante damals glaube ich im US-Modellbahnforum gesehen. Die Wagenkästen gefallen mir gut, die Dächer nicht so recht.
Was ich mich damals aber schon fragte: Würde es nicht mehr Sinn machen, bzw. ein "besseres" Ergebnis erzielen wenn man den Wagenkasten senkrecht (so wie er auf dem Fahrgestell steht) anstatt hochkant einzutauchen? Man bräuchte dann zwar ein größeres Gefäß, würde aber Fließspuren vermeiden bzw. dass sich der Dreck nur in einer Ecke sammelt. Alternative wäre beim wechselnden eintauchen um 180° zu drehen.
die Lage der Wagenkästen beim Tauchen ist völlig egal, weil diese nach dem Herausziehen aus dem Bad ohnehin zum Abtropfen in der richtigen Lage - also so wie sie hinterher auf dem Fahrgestell montiert sind - abgelegt werden. Dadurch laufen die Pigmente in die unteren Ecken/Kanten. Da das von mir verwendete Marmeladenglas relativ klein ist, passen die gezeigten Gl-Wagen von der Länge her nicht ganz in das Glas und müssen gewendet werden, damit alle Bereiche benetzt werden. Weitere Tests erfolgen noch mit normalen G-Wagen, die vollständig im Glas verschwinden. Zukünftig werde ich auch die Dächer mit Blechnachbildung mit einem Mattlack in der gewünschten Grundfarbe lackieren, damit diese die Patina ähnlich gut annehmen wie die Gewebedachnachbildungen. Dazu aber später noch, wenn die dazugehörigen Versuchsreihen abgeschlossen sind.
Eine wichtige Sache sollte man bei diesem Thema nicht außer Acht lassen. Bei der hier gezeigten Methode spechen wir ausschließlich über die Verschmutzung. Also alles, was sich an Dreck, bedingt durch den normalen Betrieb auf den Dächern und in den Ritzen festsetzt. Die Verwitterung von Holzteilen und Rost muß auf jeden Fall mit passenden Farben nachträglich ergänzt werden.
.....aber nicht vollständig überdeckt. Und er kann sich je nach Witterungsbedingungen punktuell auch mal dominanter entwickeln als eine Verschmutzung. Da aber in der Regel mehr Dreck als Rost vorhanden ist, bietet sich diese Reihenfolge an.
Eher nicht. Hast du dir schon mal Gedanken über den Begriff "Washing" gemacht? Über vorbereitende Maßnahmen werde ich auch noch aus eigenen Erfahrungen schreiben und belasse es nicht bei theoretischem Drauflosgeschreibsel.
Oh Herr gib mir die Kraft, Dinge zu verändern, die ich zu ändern imstande bin. Und bitte gib mir die nötige Geduld, Dinge hinzunehmen, die ich nicht verändern kann.
vielen Dank für diesen Thread. Für mich ist das sehr interessant, da ich mich mit dem Thema bisher nur oberflächlich, d.h. durch Mitlesen und Stöbern im Internet, beschäftigt habe. Bitte weiter so !
Und die Bilder sind auch sehr gut dazu geeignet, dass ich das mal selbst ausprobieren kann !
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Mal eine andere Methode zum Güterwagenpatinieren
25.08.2015 17:07 (zuletzt bearbeitet: 29.08.2015 11:57)
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