Zitat von ET 420 im Beitrag #1558Das mit den Vollpfosten kenne ich zu genüge... Ich hatte das "Vergnügen" mit Kindern die mit Eisbrocken auf meine damals gerade eine Woche alte 186 geworfen hatten. Dumm nur für sie... mein Zug hatte 106BrH, leere Autowagen... Aus 100km/h ein Bremsweg von unter 400m... als ich stand... wurden die erstmal weiß... denn sie hatten nicht gesehen dass die BuPo zufällig am Bahnsteig zugange war. Lok nach Rücksprache Fdl begutachtet, gottlob kein Schaden... aber wieder um eine Erfahrung reicher. Irgendwie wird die Bevölkerung immer dümmer :(
Mir scheint es als wäre es geradezu hip Schäden an Bahnanlagen und Fahrzeugen zu verursachen. Was ich seitens unserer Exekutive nicht verstehe, warum werden solche Straftaten nicht konsequent verfolgt? Es beginnt mit der Zuständigkeit der Bundespolizei mit einer Standortverteilung die ein zeitnahes Eingreifen in der Fläche völlig unmöglich macht und endet bei Staatsanwälten die scheinbar Verfahren lieber einstellen.
Gruß Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
Der Eisenbahner hat auch ein Zivilleben, in meinem Fall verbringe ich einen nicht unerheblichen Anteil davon bei der Feuerwehr (Freiwillige Feuerwehr). Dort habe ich mich bis zum Zugführer (Führer von zwei Gruppen à 9 Mann) hochgearbeitet. Meist übe ich diese Funktion auch aus. Sonntag, mein Ruhetag, 4:12 das schrillen des Funkmeldeempfänger (Piepser) reißt mich aus dem Schlaf, unter den Anfeuerungsrufen meiner besseren Hälfte, "mach das Ding ( Piepser) aus!" taumel noch gar nicht richtig wach ich den Flur, quittiere den Alarm und schlüpfe schnell in meine dort bereitliegende Hose. Ein Blick auf den Alarmtext im Display des Melders "Einsatz Löschzug Hilfeleistung Verkehrsunfall BAB 4 Fahrtrichtung Aachen... verheißt nichts Gutes. Na toll denke ich beim Verlassen der Wohnung, die Nachbarfeuerwehr hat Feuerwehrfest also werden wohl nicht viele zum Einsatz kommen. Als ich am Gerätehaus eintreffe bestätigt sich mein Verdacht. Ich bin Erster. Immerhin kommen noch zwei weitere Kameraden, aber ich bin der Einzige Zugführer und der Einzige Fahrer mit LKW Führerschein. Man müsste sich teilen... Ich übernehme die Funktion des Maschinisten und wir rücken aus. Die Geschwindigkeitsmessanzeige am Jugendzentrum schaut mich so an als ich mit 72 km/h und Blaulicht vorbeifahre, offensichtlich Farbenblind die Maschine. Auf der Anfahrt kommen schon Rückmeldungen über ein langes Trümmerfeld vor der Einsatzstelle und ein PKW Dachlage... Meine Fahrzeugbesatzung bestand nur aus einem Trupp. Ganz schön wenig für eine solche Lage. An der Einsatzstelle eingetroffen erhielten wir den Auftrag uns um den in Dachlage liegenden PKW zu kümmern, aus dem Nachbarkreis kamen auch Feuerwehrkräfte, da wohl beim Notruf nicht genau geklärt werden konnte wo sich die Einsatzstelle befindet. Der Einsatzleiter aus dem Nachbarkreis fragte ob meine Einheit keinen Zugführer dabei hätte? "Doch" entgegnete mein Kamerad, der meine übliche Rolle übernommen hatte, " der ist nur mit dem falschen Fahrzeug da", dummes Gesicht des Einsatzleiters aus dem Nachbarkreis unbezahlbar. Die eigenen waren Kräfte total amüsiert.
Gruß Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
Bevor man eine neue Tätigkeit aufnimmt muß man an seinem Arbeitsplatz unterwiesen werden. Bei der Eisenbahn besteht die Unterweisung aus Streckenkenntnis und Ortskenntnis ( Bahnhöfe, Gleisanschlüsse, etc.).
Ich hatte einen Kurs Wagenmeister, welcher zusätzlich zum Rangierbegleiter ausgebildet werden sollte. In der Zeit des Suppenkomas (nach dem Mittagessen) macht sich Praxis ganz gut. Also nutzte ich an diesem Tage das biologische Tief in der Leistungskurve zur Erlangung von Ortkenntnis auf den Gleisen des Rheinhafens in Weil. Dazu verwendeten wir die Rangierlok des örtlichen Teams, ein Spaziergang wäre zur Aktivierung gut gewesen, hätte aber den zeitlichen Rahmen gesprengt. Der Südhafen in Weil ist in der Wahrnehmung der Bevölkerung eher eine museale Anlage und dient als Naherholungsgebiet. Zurück gelassene Verpackung geistreicher Getränke zeugen davon. Diesen Fakt verschwieg ich den Kollegen nicht, mit der Mahnung beim Rangieren in diesem Bereich große Vorsicht walten zu lassen.
Auch an diesem Tag wurde ein Praliné geboten, unter der Verladeanlage einer Spedition parkte ein PKW. Im Gleisbereich! Das bestätigte ja meine vorherigen Ausführungen. Der Abstand zwischen dem PKW und dem Standort der Rangierlok war zu groß, um das Kennzeichen erkennen zu können. Also bestiegen wir die Rangierlok und nahmen Fahrt zum Falschparker auf. Bei der Annäherung an den PKW stellte ich fest, dass der Fahrer auf dem Beifahrersitz schlief. Es gärte in mir diesem Falschparker mal eine bleibende Lektion zu erteilen. Dieselmotor aus, Herr Kaleu hätte Schleichfahrt befohlen, und an den PKW heran gerollt und fast geräuschlos angehalten.
Da unsere Rangierlok auch in Frankreich zugelassen ist verfügt sie über ein Makrofon mit 660 Hz, Tonlage wie ein Nebelhorn.
Etwa 3 m hinter dem PKW angehalten Fernlicht aufgeblendet und beherzt das Makrofon betätigt, TUUUUUUUUUUUT, erscholl der Klang über den Hafen und den Rhein. Im PKW begann nun hektische Aktivität, die Beifahrertür flog auf der eben noch schlafende Bürger stürmte aus dem Auto, umrundete die Motorhaube und blickte erschrocken auf die Lok, die sich drohend hinter seinem Kofferraum aufgebaut hatte. Er öffnete die Fahrertür, sprang hinein und verließ mit Vollgas die Bühne.
Geht doch! Augen auf bei der Parkplatzwahl! Wenig später trafen wir unseren Falschparker am Nordhafen wieder an, allerdings mit 15m Abstand zum Gleis. Scheinbar doch etwas gelernt, wenn der Wecker pfeift statt klingelt.
In diesem Sinne
Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
Ein kleine Zeitreise zurück in die Zeit der Ellok Ausbildung. Unser Trupp (Buuh-Ihr) und unser Hauptlokführer waren mal wieder auf der Grenzlandbahn unterwegs.
Bei dieser Runde fiel uns der Zugführer auf, bei jedem Halt starrte er auf seine Uhr ( er nahm den damaligen Leitspruch unserer Führung "Pünktlichkeit durch Präzision" sehr ernst), zur Sekunde 55 wurde gepfiffen, dann die Türen geschlüsselt, die Abfahrbereitschaft festgestellt und mit dem Zeigersprung Zp 9 (Abfahrauftrag) gegeben. Wir gaben nun vorn alles und erreichten Herrath vor der planmäßigen Zeit. Wir schauten aus dem Fenster und unser Zugführer ging uns auf den Leim. Er vergaß den Blick auf die Uhr, schlüsselte die Türen, prüfte die Abfahrbereitschaft und gab Zp9, 2Minuten vor Plan. Unmittelbar hinter dem Bahnsteig befindet sich ein wärterbedienter Bahnübergang, als wir diesen gerade passiert hatten ging auch schon der Zugbahnfunk. Wir meldeten uns und schon schimpfte der Schrankenwärter los, "was macht Ihr da? Die Leute sind von uns gewöhnt dass wir zu spät sind und Ihr fahrt 2 Minuten früher ab!" Scheinheilig antworteten wir, ist uns nicht aufgefallen, denn dafür sei der Zugführer verantwortlich.
Epilog Kurze Zeit später habe ich diesen Zugführer wieder getroffen. Er machte diesen Beruf wirklich gerne berichtete er, war Quereinsteiger und erzählte er sei vorher Küster gewesen. In diesem Augenblick war es wieder, dieses Bild im Kopf, mit welcher Präzision er Züge abfertigte und dann stellte ich ihn mir in der Kirche vor fester Blick auf die Uhr....
Heute in Zeiten technisch basierter Abfertigungsverfahren undenkbar, die Baureihe 110 fast ausgestorben... Schöne Zeit.
Gruß Kai-Nils
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der Ex-Küster als Zugführer ... ich fasse es nicht...! Und schon springt meine Phantasie an: Das Zugabfertigungsverfahren mit Weihrauchfaß und Chorgesang... Okay, ich hör' ja schon auf.
Ach ja - die E 110 ... wieviele tausende Kilometer habe ich mit ihr zurückgelegt! Wie Du richtig schreibst: Schöne Zeit...
Beste Grüße: Kurt
PS.: Ich tippe diese Zeilen im Urlaubsort und auf einem mir ungewohnten Apple-Computer. War gar nicht so einfach.
Fangen wir mal an . Das ist mein erster Beitrag hier. hab bis jetzt viele und teilweise lustige Anekdoten gelesen. Da selber Lokführer war kann bestimmt einiges dazu beisteuern^^ War viel auf Nebenbahnen unterwegs und da gabs ne Strecke zwischen Altenkirchen und Au/ Sieg da lagen Rückfallweichen an die Vt s wurden an die vordere Kupplung Sensoren gehängt um das Ausfahrt Signal frei schalten zu können bei ner Zugbegegnung des Ding zum Freischalten sah aus wie ne Pistole. Naje den Tag warn junger Azubi da und wie der Gegenzug drinn war sagte ich Schiess das Signal frei^^ aber schiess nicht daneben der sass 5 min da und zielte^^ Da musste so lachen naja ich nahm den Sensor machte die Augen zu drückte ab und des Signal wurd grün. Hab mich dann zu ihm gedreht und sagte so macht man das. Natürlich hab ihn nacher aufgeklärt aber DAS war mir den Spass wert^^
Hi Harry des war mein erster Beitrag muss mich erst in das Forum mal einfinden und in Ruhe stöbern so wie Zeit ist. Deinen Namen kenn ja schon mal denk werd noch einige Bekannte hier treffen.^^
Emmerich am Samstag Abend. Die Sonne ist schon lange untergegangen, Halbzeit einen Güterzug habe ich hier her gebracht. Mein Zug zurück steht auch schon im Bahnhof, Lokdurchlauf Rotterdam - Basel RB dank Mehrsystemtechnik. Doch muß ich wieder einmal auf meine Papiere warten. Kein Problem, denn bis zur Abfahrtzeit ist noch einige Zeit hin. Kurz nach 22 Uhr sind die Papiere nach 90 minütigem Warten endlich da. Die Regionalbahn ist gerade Richtung Duisburg abgefahren, also keine Eile für den Cargomann. Am Zug angekommen kontrolliere ich die erste Wagennummer, wäre nicht das erste Mal dass im Zugabgangsbahnhof die Züge vertauscht wurden. Diesmal stimmt die erste Wagennummer und ich gehe zurück zur Lok.
Eine Routineblick an der Lok vorbei erschreckt mich. Die Revisionsanschrift 04.11.11! Laut §32 der Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung ist an Lokomotiven alle 6 Jahre eine Hauptuntersuchung durchzuführen. Die Hauptuntersuchung kann zweimal um 1 Jahr verlängert werden, dies muß aber auch am Fahrzeug angeschrieben werden.
An meiner zugeteilten Lok stand aber nichts angeschrieben von einer Verlängerung. Die Uhr war bereits auf 22:30 vorgerückt, also nur noch 90 Minuten eine betriebsbereite Lok! Bis Köln (nächste Möglichkeit für einen Lokwechsel) beträgt die Fahrzeit rund 120 Minuten. Nun ist guter Rat teuer, denn 23:08 fährt die letzte RB Richtung Duisburg Abrüsten und Fußweg Bahnsteig auch zu lang. Telefonisch forderte ich bei der Lokleitung für Mitternacht eine Hilfslok an. Auf die Frage wo ich um Mitternacht sei antwortete ich also „irgendwo zwischen Emmerich und Duisburg“. Dann erst kam die Frage warum ich denn eine Hilfslok benötige. Ich erklärte den Sachverhalt. Im Hintergrund war hektisches Tippen auf der Tastatur zu hören.
Lokleitung: Die Lok kommt gerade erst aus der Werkstatt in Rotterdam. Ich: Ja, kann sein. Was wurde denn gemacht? Lokleitung: LZB Frist, ETCS, Weiteres Werkstattlatein... Ich: Also von Fristverlängerung steht da aber nichts, also ist um Mitternacht Schluss kümmere Dich bitte um eine Hilfslok. Lokleitung: Ich habe hier ein Schreiben des Halters, die Frist ist verlängert. Ich: Ja, aber nicht angeschrieben. So fahre ich damit nicht. Lokleitung: Ich kann Dir das mal schicken, gib mir mal Deine E-Mail-Adresse.
Nach kurzer Zeit erhielt ich tatsächlich ein Schreiben mit Unterschrift und Stempel des Halters. Die Entscheidung ob mit dem Schreiben allein gefahren werden darf oder nicht konnte ich aber nicht allein treffen. Dafür gibt es einen Eisenbahnbetriebsleiter, auch samstags Abends um 22:36. Zu dieser Zeit ist der aber zu Hause. Spätestens jetzt zieht das Ding der Werkstatt in Rotterdam meiner Meinung nach die richtigen Kreise. Mit einer gewissen Genugtuung rief ich den Personaldisponent an und übergab ihm die Aufgabe Rücksprache mit dem Eisenbahnbetriebsleiter zu halten. Derweil machte ich mich auf den Weg zurück zum Melderaum, um das übersandte Dokument auszudrucken. Im Melderaum traf ich noch auf einen weiteren Kölner Kollegen, in Kurzform informierte ich ihn über die Geschehnisse des Abends und verließ fluchend den Melderaum. Es dauerte nicht lange und ich erhielt die Genehmigung den Zug abzufahren. Mit dem Zettel in der Hand, der den Final Countdown unterbrach machte ich mich zum zweiten Mal auf den Weg zu meinem Zug...
Irgendwie passt der aktuelle Werbeslogan zur Personalwerbung der DB: „kein Tag wie jeder andere“ wohl wahr.
Gruß Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
wenn es schon Samstag 22:30 Uhr war, dann war der Countdown schon seit zweiundzwanzigeinhalb Stunden vorbei, denn wie du schon richtig schreibst: 6 Jahre und nicht 6 Jahre und einen Tag. Die Lok wäre also am 03.11.2017 um 23:59 Uhr außer Betrieb zu nehmen gewesen.
Liest sich tagesaktuell DB CARGO und dann sicher eine 189, wenn schon von Rotterdam. Ich werde momentan das Gefühl nicht los, das man den Karren mit aller Gewalt gegen die Wand fahren will, unterstütz von DB Netz. Ich habe schon seit längerem keine Zugleistung zwischen München und Mannheim gefahren, die nicht bewußt verspätet wurde. Ausser man zerrupft ungewollt seinen 4000er Kohlezug in Neu - Edingen...
Nein Micha DB Cargo ist es nicht. Aber ein südlicher Nachbar der DB Cargo. Die Lok war eine 189 eines Lokvermieters. Ja ich verfolge die Entwicklung als Ex Gremberger, Ex KoLü er natürlich auch mit Interesse. Verstehen kann man all das nicht. Vor allem wenn man die gummibereiften auf den Autobahnen und Raststätten sieht. DB Netz ist wohl auch kurz vor dem Kollaps, jegliches Fachwissen verloren. Selbst der Regelbetrieb überfordert die. Ich finde gut, dass die Regulierungsbehörde Post, Telekommunikation und Bahn sich nun der Baubetriebsplanung annimmt.
Wünsche Dir im Süden allzeit gute Fahrt
Kai-Nils
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besser sagte ich "Ex-Kollegen", denn ich bin ja bereits seit gut 17 Jahren in Pension. Dennoch bleibt das Interesse am alten Beruf bestehen und beim letzten Treffen des "besten Lokführerlehrgangs aller Zeiten" (Leser meines Buches "Unter Strom" wissen Bescheid) wurde nicht nur über "früher" gesprochen, sondern auch über die aktuelle Situation, denn zwei von unserer Gruppe sind noch aktiv.
Was Kai-Nils da beschreibt, mit dieser Lok, deren Frist abgelaufen war, bringt mich auf einige Fragen, die ich Euch stellen möchte:
Früher wurden die Loks in regelmäßigen Abständen kurzen Sichtprüfungen unterzogen, sogenannte "Nachschau", bei 110er alle 4000 km (später 5000, dann 6000 km). Im Abstand von 32.000 km wurde eine "Frist" (Inspektion) fällig, deren Aufwand von F1 bis F4 differenziert wurde - F4 war eine ziemliche Aktion, bei der u.a. Ultraschallprüfungen der Achsen erfolgten. Nach - wenn ich mich recht entsinne - sechs Jahren ging die Lok dann ins AW, wo sie total zerlegt und aufgearbeitet wurde; praktisch kam am Ausfahrwerkstor eine (technisch, nicht immer optisch) neue Lok raus. Soweit ich weiß, existiert das für E-Loks zuständige AW Opladen nicht mehr, daraus resultiert
1) gibt es noch bahn- bzw. firmeneigene Werkstätten, warten die diversen Eisenbahnunternehmer (Lokvermieter - waaas?) ihre Loks selbst, oder läuft das irgendwie zentral?
2) Zu Kai-Nils' Geschichte: Wo kam die Lok zwecks Aufarbeitung hin? Wenn es kein Betriebsgeheimnis ist, würde ich das wirklich gerne wissen, denn das AW Opladen gibt's ja wohl nicht mehr.
3) Themawechsel: Kai-Nils - Du erwähntest "ETCS". Was versteht man darunter? Ich sehe, meine 17 Jahre "draußen" haben Wissenslücken zur Folge... Es handelt sich wohl um ein Sicherheitssystem? Apropos: Fahren die Niederländer noch mit ATB?
Ihr seht, das Thema "Lokfahrdienst" läßt mich nicht so recht los. Wie ich im o.g. Buch sagte, "habe ich meine Lok bis heute nicht abgerüstet"...
Schön mal wieder von Dir zu lesen. Und noch mehr freut mich Dein Wissensdurst.
Ich bin zwar nicht Kai - Niels, aber ich denke, auch ich kann das eine oder andere bereits beantworten.
Deine erste Frage bezüglich der AW's. Ja, die Bahn AG hat noch Instandhaltungswerke. Drei der bekanntesten sind das Dampflokwerk in Meiningen, das AW Cottbus und das AW Dessau. Das Dampflokwerk Meiningen hat da eher eine Sonderstellung. AW Cottbus ist vorrangig auf Dieselloks spezialisiert, aber auch für Elloks predestiniert. Während das AW Dessau sich ausschließlich nur um Elloks kümmert. In Bremen ist ebenfalls noch das AW tätig, welches aber vorrangig die Tunnelrettungszüge revidiert und aufarbeitet. Ein weiteres nicht unbekanntes AW gibt es in Neustrelitz. Dies gehört jedoch zu der intalienischen Netinera - Gruppe und ist somit in privater Hand. Die Wartungsintervalle und Nachschau nennen sich heute IS und werden nachwievor nach gewissen Laufleistungen durchgeführt. Diese werden je nach Umfang in den kleinen und grösseren Werkstätten der Bahn ausgeführt. Selbst die grossen Revisionen werden bei den Drehstromloks je nach Umfang derweil schon in den grossen Werkstätten wie Mannheim oder Magdeburg durchgeführt. Die sind dann meist mit Drehgestelltausch verbunden, eine sogenannte IS 630. Sonst wird Dir optisch an den Loks nichts weiter auffallen. Irrwitzigerweise gehen derzeit einige Maschinen der Baureihe 185 mit Franzosen - Paket und Schweiz - Paket nach Dessau und erhalten sogar Neulack. Die Revisionsintervalle belaufen sich auch heute noch auf 6 Jahre. Je nach Zustand der Lok, kann dieser zweimal um ein Jahr verlängert werden, auf maximal 8 Jahre. Bei den von Dir ach so geliebten 143ern der DB AG geht es derweil nur noch um Restlaufkilometergrenzen, die sie mit den Nachschaurevisionen IS 930 in den kleineren Werkstätten bekommen. Der Stern sinkt jetzt rapide bei dieser doch recht beliebten Universallok. Die privaten 143er erfreuen sich weiterhin grosser Beliebtheit mit ordentlichen Revisionen!
Übrigens ist in der Werkstatt im Mannheimer Rbf auch eine Servicestelle der Bombadier Transportation untergebracht. Dies hat den netten Nebeneffekt, das auch Lokomotiven privater EVU's, wie die SBB - Cargo - Maschinen der Traxx - Baureihen dort immer wieder anzutreffen sind! Ähnlich wird es mit Kai-Niels seiner erwähnten 189 aus Rotterdam abgelaufen sein. Ab in eine Werkstatt mit Siemens - Servicestelle und Fristarbeiten ausgeführt... Mal schnell nebenbei gemacht!
ETCS! Das ist das neue Zauberwort der europäischen Zugsicherung. European Train Control System ausgesprochen. Dieses Zugsicherungssystem ist, wie LZB, Führerraum angezeigt. Es wird mit den Daten aus GPS und den im Gleis verbauten Balisen gefüttert. Signale hast Du dann lediglich noch die Markertafeln an der Strecke. Alle anderen Informationen bekommst Du dann, je nach Level, über die Displays im Führerstand. Vielmehr kann ich dazu leider noch nicht sagen, da ich noch keine ETCS - Ausbildung habe. Allerdings müssen auch wir, die Lokomotiven mit ETCS - Austüstung fahren, wie z. Bsp. die ÖBB 1016 / 1116, diese entsprechend vorbereiten und prüfen. Das ermöglicht uns die Bedienung der Loks im Level STM, was für mein dafürhalten eine PZB / LZB - äquvalente da stellt. Das heißt, das ETCS ist zwar betriebsbereit und auf ETCS - Strecken einsatzfähig, arbeitet aber der PZB / LZB untergeordnet. Denn ETCS steht eigentlich über den Länderspezifischen Zugsicherungssystemen.
Ich hoffe, das ich Dir schonmal etwas Wissensdurst stillen konnte, Kurt. Ich denke, Kai - Niels kann dazu noch etwas ausführlicher werden. Immerhin hat er einige Jahre mehr auf dem Buckel und sicher auch noch mehr Durchblick, wie ich. Genauso hoffe ich, das ich hier jetzt durch Formulierungen nichts verfälscht habe. Man möge es mir bitte nachsehen.
Für welche Digitalzentrale willst du den Decoder benutzen? Diese Blaue von Märklin mit dem schwarzen Knopf und der Nummer 280A. Steht MÄRKLIN SUPER darauf... Avartar: wie alles begonnen hat....
danke für die detaillierten Informationen! Als Fossil habe ich gegenübr ETCS gewisse Bedenken: Alles via "Handy-Funk", äußerst komplexe Elektronik - und damit störanfällig. Vielleicht hinkt der Vergleich, dennoch: Als das hiesige Telephonnetz auf IP (Internet-Telephonie) umgestellt wurde, hatte ich monatelang fast tägliche Ausfälle. Allgemein gültiger Erfahrungswert als Kreisschluß auf ETCS: Je komplexer elektronische Systeme werden, desto mimosenhafter und angreifbarer sind sie.
Ist natürlich grundsätzlich ein reizvoller Gedanke, eine Lok mit einem Sicherheitssystem europaweit einsetzen zu können. Aber daß ETCS problemfrei die bewährten Systeme substituieren wird, kann ich mir nicht recht vorstellen. Und aus meiner ganz privaten Sicht möchte ich anmerken: Vor dem Hintergrund solcher (und ähnlicher?) Vereinheitlichungsbestrebungen bin ich letztlich froh, nicht mehr fahren zu müssen. Ich "bekäme einen Affen", wenn ich funksignalgesteuert/überwacht unterwegs wäre, ohne die anfaßbaren Techniken namens Indusi (PZB) oder LZB. Wobei - das sei gestanden - ich bereits mit der LZB ein ungutes Gefühl hatte. Die konnte mir einfach zu viel, griff für mein Empfinden zu sehr in individuelle Entscheidungen ein (z.B. LZB-Halt 12 m vor dem Hauptsignal). Wenn ich dichter dran wollte, wurde diese Entscheidung elektronisch blockiert.
Zugegeben, ich passe nicht mehr in diese Zeit, wäre vermutlich auf den modernen Einheitsloks unglücklich. Erst jetzt beginne ich zu verstehen, welchen (auch psychischen) Problemen die Kollegen der 1960er Jahre gegenüberstanden, als die Dampfloks durch die damals exotischen E-Loks ersetzt wurden, sie per Fahrschalter Kontakte bewegten, Stromkreise schlossen, Zugkraft erzeugten - ohne den Auspuffschlag, ohne die plakative Art der Dampflok.
Heute ist es so ähnlich. Okay, ich war Fan der ersten Drehstromlok, der E 120, das war greifbares Neuland, mit vielen bisher unbekannten Features. Dann kam aufbauend der ICE, auch den habe ich begriffen und verinnerlicht. Aber die betriebstechnischen Entwicklungen - wie halt ETCS - könnte ich niemals verstehen, verstehen in einer Weise, die Vertrauen schafft.
Fazit: Hat schon seine Richtigkeit, wenn man mit 65 in Pension geschickt wird. Umständebedingt war's bei mir viel früher, mit 52, fünf im Laufe der Jahre im Gleisbereich überfahrene Personen hatten meine Nerven blankgeschliffen. Für mich endete die Eisenbahnzeit in einer Phase des beginnenden Umbruchs - gut so, denn heute würde ich wohl dauernd mit irgendwelchen "Experten" aneinandergeraten.
Schön, daß es dieses Forum gibt. Hier kann ich mich mit Menschen austauschen, die "im Leben stehen", erfahre, was heute bei der Bahn so läuft. Und mehr kann man wirklich nicht verlangen. Danke nochmals!
In Anlehnung an die Folge Asterix und Obelix bei den Römern, in der es um die Bürokratie bei den Römern geht, möchte ich Euch folgende Geschichte nicht vorenthalten.
Eine neuerliche Reorganisation bei DB Cargo hat zu völlig neuen Strukturen in der Disposition geführt. Bisher wurde der laufende Betrieb durch regional zuständige Disponenten versehen, immerhin rund 100 Jahre lang. DB Cargo hat sich die Strukturen seiner Mitbewerber abgeschaut und disponiert nun Züge von Start bis Ziel aus einer Hand. Dabei wurde Deutschland in mehrere Dispositions-Korridore aufgeteilt Diese Struktur wurde mir vor etwa einem Jahr von einer Führungskraft erläutert. Mein Einwand, dass dies für DB Cargo auf Grund der Vielschichtigkeit der Achsen kaum möglich sein wird wurde abgewiegelt.
In der Praxis wurden die Lokdienste als Dispositionsebene abgeschafft und durch sogenannte P&D Teams (Planung und Durchführung) ersetzt. Jede Strukturreform kämpft in der Anfangsphase mit Umsetzungsschwierigkeiten. Wie ich aus meiner Kollegenkreis erfahren habe, ist die Aussage „dafür bin ich nicht zuständig“ inzwischen fest mit den P&D Teams verknüpft.
Die nun folgende Anekdote aus dem Betrieb, die ist mir nicht passiert. Ein Kölner Lokführer erfährt, dass sein planmäßiger Zug zurück nach Köln 80 Minuten verspätet ist. Da es in Köln eine Betriebsvereinbarung über Dienstschichtverlängerungen gibt, weigert der Kölner Lokführer diesen Zug. Das P&D Team möchte daraufhin dem Kollegen einen anderen Zug mitgeben. Das lehnt dieser mit folgenden Worten ab: „Er sei für diesen Zug nicht zuständig, sondern ein anderer Kollege der dafür geplant sei.“ Auf der anderen Seite der Leitung saß ein nicht ganz so humorvoller Mensch.... Nun ja der Kollege ist dann Gastfahrt nach Köln gefahren.
Viele Grüße Kai-Nils
Die Kunst eine Lokomotive zu Führen kann nur durch jahrelanges Studium, geduldiges Üben und Erfahrung erworben werden (Aus "The Australian Locomotive Enginedriver's Guide")
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21.04.2017 16:38
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als ich mit 72 km/h und Blaulicht vorbeifahre, offensichtlich Farbenblind die Maschine. 
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