Ich möchte einige Anmerkungen zu Deinem Bericht machen.
Bei jeder Bahn ist eine Spurerweiterung im Bogen, auch im Modell wird das bei H0Pur mit 0,1mm auf 16,6mm im Bogen Realisiert.
Was die Zugkraft der Loks angeht, habe ich nicht gemessen sonder einfach durch Beobachtung festgestellt, die Zugkraft wird nur durch Masse Bestimmt. Also je schwerer die Lok je besser die Zugkraft. Ich lehne für meinen Teil Haftreifen ab weil dadurch mehr Dreck auf das Gleis kommt als ohne und die nicht belegten Räder werden schneller schmutzig. Umgekehrt haben meine Loks ohne Haftreifen keinen Schmutz am Rad.
Vor einigen Jahren habe ich in einem Artikel gelesen, dass Treibräder aus Edelstahl eine bessere Haftung auf Neusilbergleis haben als die vernickelten Räder, die schnell zum schleudern neigen und somit eine bessere Leistung erbringen. Wenn ein Forianer mit Teichmann Fahrwerk hier ist wird er das bestätigen können. Bei den Stahlrädern ist auch ein wesentliche geringere Gleisverschmutzung zu verzeichnen.
Auch das Getriebe ist ein Faktor. Je größer die Untersetzung zwischen Motor und Rad ist je besser ist die Leistung der Lok. Also hohe Motordrehzahl und geringe Raddrehzahl.
Aber das wichtigste ist halt, je größer der Radius je größer die Leistung.
mit dem Tunnel hast Du vermutlich Recht. Dem Kommentar zum nachfolgenden Video entsprechend gibt es zumindest am Scheitelpunkt des Passes zwei Tunnels. Soweit man die Personale beobachten kann, scheinen sie an Hitze, Rauchgase und Sauerstoffmangel gewöhnt zu sein.
kürzlich bin ich auf ein Video gestoßen, dass sehr anschaulich verdeutlicht, welche Kraftanstrengung zur Überwindung der Gravitation erforderlich sein kann. Ich möchte es Euch nicht vorenthalten, denn es stellt m.E. eine gute Ergänzung zu den "trockenen" Berechnungen in diesem Thread und zu meinen Berichten über meine Zugkraftmessungen und die Gegenüberstellung der Zugkraft von Vorbild und Modell dar.
Die Aufnahmen zeigen den Kampf von 3 chinesischen 1'D1' Dampfloks (Baureihen JS und SY), deren Zugkraft zusammen ca. 60 t beträgt, mit 11 Kohle- oder Erzwaggons eine Steigung hinauf. Macht nicht einmal 4 Waggons pro "Mikado" - wieviel Prozent mag das wohl hinaufgehen ... ?
Hierzu folgende Überlegungen für eine grobe Abschätzung:
Unter der Annahme, dass der Erz- oder Kohlezug pro Waggon ca. 80t wiegt, kommen wir auf ein Gesamtgewicht von etwa 880t bzw. einen Anteil von ca. 290t für jede Lok.
Die deutsche BR 85 (5 Antriebsachsen) konnte 350t mit 20 km/h auf 3,3% ziehen*). Rechnen wir dies für eine grobe Abschätzung der Zugkraft der chinesischen "Mikados" auf 4 Antriebsachsen um (350/5*4), so ergeben sich 280t. Dies liegt sehr nahe bei den geschätzten 290t pro Lok in dem eingebetteten Video.
Die Steigung in dem eingebetteten Video dürfte demnach etwa 3,3 ± 0,3% betragen - sehr viel für Eisenbahnen, wie man sieht.
*) Quelle: Merkbuch für die Schienenfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn, 1953
schade, das YouTube Konto (chinesischer Autor) mit dem Video in #20 wurde geschlossen. Das Video kann nicht mehr angesehen werden. Daher hier nun ein Video desselben Steilstreckenabschnitts bei Chengde, China, von einem anderen Autor. Er hat in diesem Video Aufnahmen von 3 Zügen zusammengestellt.
Hier kommen die 3 "Mikados" auf der Steigung mit ihren 11 schwer beladenen Kohle- oder Erzwaggons besser zurecht als im gelöschten Video, wo der Zug fast liegen blieb. Aber auch im "neuen" Video arbeiten die Loks mit ihren 24 Treibrädern hörbar an der Reibungsgrenze - immer wieder einmal kommt es in ihrem Kampf gegen die Gravitation zu kleinen Durchrutschern, z.B. bei 0:30 und in der dritten Szene ab 2:37.
Die Container- und Kesselwaggons des gemischten Güterzugs in der zweiten Szene sind leichter als die Kohle- oder Erzwaggons. Daher hat dieser Zug einen Waggon mehr und ist etwas schneller unterwegs. Trotzdem gibt es auch hier einen kleinen Durchrutscher bei 1:33.
zum Abschluss des Ausflugs nach Steigungsstrecken in China und Dampfloks an der Reibungsgrenze hier noch ein Video, bevor es wieder mit der eher "trockenen" Gleiswendel-Thematik weitergeht.
Das Video könnte den Titel tragen "Der unerschütterliche Kampf der Lokmänner gegen Schwerkraft, nasse Schienen und Sandmangel".
Die Männer und ihre Lok müssen wirklich alles geben, damit der Zug auf der 2% Steigung bei Baiyin nicht liegenbleibt. Die Waggons hängen schwer am Haken, und die Schienen sind nass. Insbesondere in den Kurven wird es immer kritischer – bei jedem Schleudern geht wertvoller Schwung verloren.
Aber noch gelingt es dem Lokführer, den Zug in Bewegung zu halten. Bei wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit angekommen kämpft er sich mit immer wieder durchdrehenden Rädern Meter um Meter voran. In der Not klettert der Heizer gar während der Fahrt auf den Kessel der schwer arbeitenden, sich immer wieder aufbäumenden Maschine und macht sich am Sandstreuer zu schaffen. Offenbar mit Erfolg, denn die weiterhin an der Reibungsgrenze arbeitende Lok fasst wieder Tritt und kann ihren Zug trotz der Steigung wieder beschleunigen.
Dampfmangel kommt trotz des langen, mit Volldampf geführten Kampfes und der Abwesenheit des Heizers offenbar nicht auf - die Dampfstöße klingen am Ende des Videos genauso hart und kraftvoll wie zu Beginn. Diese Männer verstehen ihr Handwerk.
Unter dem humorvollen, auf seine Wackler bei der Verfolgungsfahrt abhebenden, James Bond verballhornenden Titel "geschüttelt, aber nicht gerührt" präsentiert uns der Autor harte Dampflok-Wirklichkeit mit Sound vom Besten.
Wie undramatisch im Vergleich hierzu ist es doch, wenn ein Modellbahnzug einmal die Gleiswendel nicht hinauf kommt. …
Danke für dieses schöne Video. Die Aufnahmequalität ist zwar nicht die Beste, aber dafür entschädigt der Sound alles. Es ist wirklich imposant, wie diese Männer auf der Maschine kämpfen müssen um ihren Zug am Laufen zu halten. Hier kann man wirklich noch echte "Handwerker" bei der Arbeit erleben.
Ich möchte nicht wissen, wie abgekämpft auch der Lokführer nach einer solchen Schicht ist. Regler auf, Regler zu und gleich wieder auf. Da steckt manchmal ganz schönes Fingerspitzengefühl dahinter um nicht zuviel Schwung zu verlieren.
Und Heizer will ich auf so einer Fahrt erst recht nicht sein!
Schade, dass es sowas bei uns heute nicht mehr gibt. (Wobei mir schon bewusst ist, was für Arbeit dahinter steckt um alleine hier nur mal einen Museumsbetrieb am Laufen zu halten.)
Aber wo kann man auch noch so lange direkt neben den Schienen den Zug mitverfolgen. Bei unseren Verkehrsverhältnissen würden wir entweder gleich einen Stau verursachen, oder uns einen harten Kampf Stoßstange an Stoßstange mit Konkurrenten liefern.
vielen Dank für Eure Kommentare. Ja, der Sound ist wirklich toll. Der Autor "QJ 7205" arbeitet mit einem externen Mikrophon - manchmal sind die langen grauen Haare des Windschutzes im Bild zu sehen.
Man stelle sich vor, wie er auf der kurvenreichen, holperigen Straße im Auto gesessen haben mag: Nach vorn gebeugt und zur Seite gedreht, in einer Hand den Camcorder, in der anderen das Mikrophon. Festhalten unmöglich! Dazu Fahrtwind und Spritzwasser. Und in dieser Zwangshaltung fast 11 Minuten lang filmen - da mag man ihm die Wackler verzeihen, zumal die eingefangene Szene wirklich dramatisch und einmalig ist.
Seine anderen Dampfvideos aus der Gegend um Baiyin sind, soweit mir bekannt, nicht nur vom Ton her exzellent, sondern zeigen auch stimmungsvolle, große Ruhe ausstrahlende Bilder. Sein Schwerpunkt liegt auf der Tonqualität. Eine Auswahl seiner hörens- und sehenswerten Dampfvideos findet Ihr hier.
in den oben vorgestellten Videos wird deutlich, welche Belastung eine zwei- bis dreieinhalbprozentige Steigung für Personal und Lokomotive darstellt. Daher die Frage: Wo ist die Grenze beim Modell und bei Adhäsionsbahnen im Vorbild?
Bei der Beantwortung dieser Frage sind viele Variablen zu berücksichtigen, beim Modell sind dies insbesondere folgende: -sind die Loks mit Haftreifen ausgerüstet? -welche Zuglängen und Waggontypen sollen gefahren werden? -welche Kurvenradien werden verbaut?
Nicht ohne Grund variieren daher auch die Empfehlungen. Den wichtigsten Unterschied macht es, ob eine Lok mit Haftreifen ausgestattet ist. Nach meinen Messungen und Erfahrungen verdoppelt sich die Zugkraft einer Lok ungefähr, wenn sie mit 2 Haftreifen ausgestattet wird. Daher muss man differenzieren und unterschiedliche Empfehlungen für Loks ohne und mit Haftreifen geben.
Wenn man plausible Zuglängen fahren möchte, sollte man Kurvenradien unter 60cm vermeiden und die Steigung so gering wie möglich halten: -ohne Haftreifen: unter 2% Steigung -mit Haftreifen: bis ca. 4% Steigung
Wer kürzere Züge fahren will, kann auch steilere Steigungen bauen, insbesondere wenn ausschließlich Loks mit Haftreifen eingesetzt werden. Informationen zur Berechnung von Zugkraft und Fahrwiderstand findet Ihr im Beitrag #6.
In einer probeweise mit "Industriegleisradius" gebauten Extremgleiswendel (Radius 28cm, Höhengewinn 7cm pro Umdrehung, Steigung ca. 4%), die ich nicht zum Nachbau empfehle, konnten mit 2 Haftreifen ausgestattete Dampflokmodelle mit Schlepptender noch 4 Schnellzugwagen ziehen. Die Modellauswahl war durch den extrem engen Radius natürlich eingeschränkt.
Noch größere Steigungen wurden in den 1960er Jahren in dem Buch "Die Märklin-Bahn H0 und ihr großes Vorbild", S. 13ff, empfohlen: Bis zu 10%. Mit Haftreifen und kurzen Zügen können viele H0 Modellloks solche Steilrampen bewältigen. Aber der Betrieb wird mit zunehmender Steigung immer störanfälliger, und vorbildgerecht sieht eine so steile Normalspurbahn auch nicht aus.
Und welche Steigungen können Adhäsionsbahnen beim Vorbild bewältigen (natürlich ohne Haftreifen )? Hier eine Auswahl: -13,5%. .Lissaboner Straßenbahn, Portugal, Spurweite 900mm -11,6%. .Pöstlingbergbahn in Linz, Österreich, Spurweite 900mm -11%. . . Cass Scenic Railroad, USA, Normalspur -. 9%. . . Saint Gervais - Vallorcine, Frankreich-Schweiz, Spurweite 1.000mm -. 7,1%. .Erzbergbahn, Österreich, Normalspur -. 7%. . . Bernina Bahn, Schweiz, Spurweite 1.000mm -. 6,66% Friedbergbahn, Deutschland, Normalspur, Nebenbahn – außer Betrieb -. 6%. . . Rübelandbahn, Deutschland, Normalspur, Nebenbahn -. 5,7%. .Höllentalbahn, Deutschland, Normalspur, Hauptbahn -. 5%. . . Murgtalbahn, Deutschland, Normalspur, Nebenbahn
Interessanterweise kann das Vorbild größere Steigungen bewältigen als H0 Modelle (Loks ohne Haftreifen). Die Hauptursache liegt im unmaßstäblich hohen Modellgewicht, das in der Steigung einen entsprechend großen Hangabtrieb verursacht und so die Zugkraft der Loks stärker vermindert und den Fahrwiderstand der Waggons mehr erhöht als beim "leichteren" Vorbild.
Aufgrund des Hangabtriebs können haftreifenlose Schlepptender-Dampflokmodelle ohne Waggons gerade noch ca. 11% Steigung überwinden; Tenderloks ohne Haftreifen schaffen gut 1% mehr. Loks mit Haftreifen haben ein wesentlich günstigeres Zugkraft-pro-Gewicht-Verhältnis ("Reibungskoeffizient"). Zwar verlieren auch sie Zugkraft in der Steigung, aber der günstigere Reibungskoeffizient verleiht ihnen mehr Zugkraftreserven, so dass sich bei ihnen der Hangabtrieb weniger auswirkt.
Auf einer geraden Versuchsstrecke konnte eine Roco BR24 mit Tenderantrieb und 4 neuen Haftreifen auf 12% noch 3 Lima 30,3cm Schnellzugwagen ziehen. Ohne Waggons bewältigte sie 27%.
Du hast dir eine Menge Arbeit gemacht die Daten zusammen zu tragen. Du hast aber noch einiges vergessen, das Gewicht und die Antriebstechnik.
Ich kann und will nicht mit Zahlen reden sondern kann nur meine Erfahrung und Beobachtung einbringen.
Bei der Zugkraft ist noch zu berücksichtigen wie schwer ist die Lok und wie viel Achsen sind angetrieben.
Meine Lok mit der größten Zugkraft ist eine Uralt GFN 65ger, ein D Kuppler mit allen 4 Rädern angetrieben und einem Gewicht von mehr als 500 gr und das ohne Haftreifen. Es ist die einzige Lok die meine flach gebaute Wendel mit 30 Wagen schafft. Alle andern bringen nicht diese Kraft auf.
Bei allen anderen Triebfahrzeugen liegt der Motor im Tender und treibt die kleinen Tenderräder an. Das Gewicht des Tenders mit dem Antrieb liegt in der Regel bei 200 Gr. oder Weniger. Meine Erkenntnis daraus ist, dass das Gewicht und nicht die Haftreifen wichtig sind.
Es wäre von Vorteil die Antriebe vom Tender in die Lok auf die Treibräder mit einer Erhöhung des Gewichts zu ändern, das würde die Zugkraft enorm steigern. Es ist aber noch die Frage, ist das überhaupt notwendig?
Eine Anlage mit Platz am Bahnsteig für Vorbild gerechte Zuglängen hat auch Platz eine für Wendel mit einer Steigung von 1 % und Radius von 80 bis 90 cm und da kommt jeder Zug mit 10 oder 12 Schnellzug Wage hoch. Bei einem Bahnhof mit einer Gleislänge von 50 - 60 cm stellt sich die Frage nach der Zuglänge nicht mehr. Zuglängen von Lok und 3 Wagen werden die 4 % Steigung immer geschaffen, ob das Vorbild gerecht ist, ist ein anderes Thema.
Das Fazit daraus ist, das Gewicht mit der Antriebsart ist das Wichtigste und Entscheidet ob der Zug die Steigung schafft, natürlich in Verbindung mit dem Radius. Je größer der Radius je leichter hat es die Lok.
Was noch dazu kommt ist dass bei einem engen Radius und langem Zug der ganze Verband zum Umkippen im Bogen neigt und man den Zug nicht frei zusammen stellen kann sonder das Gewicht der Wagen berücksichtigen muss. Die leichte immer nach hinten.
Ob meine Betrachtung Objektiv ist sei dahingestellt, es ist halt nur mein Subjektives Empfinden.
danke, dass Du hier noch einmal Deine Erfahrungen einbringst. Deinen Hinweis auf die Wirkung einer hochwertigen Motor-Getriebekombination nehme ich gerne auf. Sie sorgt für ein gleichförmigeres Drehmoment am Radumfang, wodurch im Grenzbereich hoher Zugkräfte der Schlupf zwischen Radreifen und Schiene vermindert wird.
Deine Aussagen zum Gewicht kann ich nur teilweise bestätigen. Richtig ist, dass das Gewicht, genauer gesagt das auf den Antriebsachsen lastende Reibungsgewicht, einen von zwei entscheidenden Faktoren für die Zugkraft einer Lokomotive darstellt. Der zweite Faktor ist der sogenannte Reibungskoeffizient zwischen Radreifen und Schiene. Er wird durch Haftreifen erheblich erhöht, deswegen sind sie so wirksam.
Es gibt noch weitere Faktoren, die die Zugkraft beeinflussen können, aber sie sind weniger entscheidend.
Die Zugkraft von Lokomotiven ergibt sich durch Festkörperreibung zwischen Radreifen und Schiene nach dem Reibungsgesetz von Amontons und Coulomb:
Zugkraft = Reibungsgewicht * Reibungskoeffizient
Beim Vorbild beträgt der Reibungskoeffizient für Stahl auf Stahl (trocken) ca. 0,2. Durch Sanden kann er auf bis zu 0,33 erhöht werden, und z.B. durch Feuchtigkeit vermindert er sich. Das heißt, z.B. eine Lok mit 60t Reibungsgewicht (z.B. eine BR 01) kann auf trockener Schiene eine Zugkraft von 12t entwickeln: 60t * 0,2 = 12t Auf wieviele Achsen die 60t Reibungsgewicht verteilt sind, ist hierbei nicht ausschlaggebend.
Bei meinen Modellen ohne Haftreifen ist der Reibungskoeffizient geringer als beim Vorbild. Außerdem gibt es starke Streuungen, die ich auf unterschiedliche Legierungen der Radreifen, auf die von Dir erwähnte unterschiedliche Wertigkeit der Motor-Getriebekombinationen und auf andere Störfaktoren zurückführe (z.B. nicht ganz taumelfreie Räder, fehlende Achsfederung, Höhen- und Seitenspiel der Antriebsachsen, Antrieb über Treibstangen, Toleranzen beim Treibzapfenversatz etc.). Zwei Beispiele, bei denen diese Streuung besonders prägnant ist, habe ich in Tabelle 1 aufgenommen: Obwohl beide Modelle aus dem gleichen Hause und Produktionszeitraum stammen, ist der Reibungskoeffizient des Trix Big Boy (0,16) gut 60% höher als der der New York Central (NYC) 2-8-2 (knapp 0,1).
Meine Feststellungen möchte ich nachfolgend mit einigen Messwert-Beispielen belegen:
1. Loks ohne Haftreifen:
2. Loks mit Haftreifen:
Beim Vergleich der Zugkraft der oben aufgeführten baugleichen Modelle ohne bzw. mit Haftreifen wird ihre starke Wirksamkeit deutlich (Rivarossi 2-6-6-6, BLI C&O 2-10-4 bzw. BLI PRR 2-10-4). Man hätte das Reibungsgewicht der haftreifenlosen Varianten mehr als verdoppeln müssen, um die gleiche Zugkraft in der Ebene zu erreichen wie bei Ausstattung mit 2 Haftreifen.
Ferner wird an den o.a. Beispielen deutlich, dass bei Loks mit Haftreifen auch die Gewichtsverteilung eine Rolle spielt. Je mehr Gewichtsanteile die Haftreifen belasten, um so stärker können sie sich auswirken. So liegt bei der B-gekuppelten Brawa BR 14 etwa die Hälfte des Reibungsgewichts auf den Haftreifen, während es bei den anderen Loks dieser Tabelle nur ca. 1/3, 1/5 bzw. 1/6 ist. Daher übertrifft die Brawa BR 14 mit 2 Haftreifen sogar den Reibungskoeffizienten der mit 4 Haftreifen ausgestatteten BLI N&W 1242.
Da es in meinem letzten Posting um die Grenzen des Betriebs in der Steigung ging, habe ich die Wirksamkeit von Haftreifen besonders herausgestellt. Die durch sie bewirkte Erhöhung des Reibungskoeffizienten, ist unabhängig von der Steilheit der Steigung.
Zusätzliches Gewicht erhöht grundsätzlich die Zugkraft einer Lok. Aber in der Steigung erhöht jeder Gewichtszuwachs auch den Hangabtrieb, und zwar um so mehr, je steiler das Gefälle ist. Der Zugkraftgewinn pro hinzugefügtem Gewicht wird also abhängig von der Zunahme des Gefälles immer geringer. Bei haftreifenlosen Modellloks wird der Hangabtrieb oberhalb von etwa 11-12% schließlich größer als die Zugkraft. Folge: Die Lok kann die Steigung nicht mehr hinauffahren (vgl. Beitrag #6). Daher ist es zur Bewältigung von Steigungen sinnvoller, den Reibungskoeffizienten zu erhöhen als das Gewicht.
Anhaltspunkte für die Gestaltung und Betriebsoptimierung von Gleiswendeln
Hallo,
hier kommt eine tabellarische Zusammenfassung der bisher diskutierten Maßnahmen, Effekte und ihrer Wirksamkeit in der Praxis. Damit sollen Anhaltspunkte für die Gestaltung und Betriebsoptimierung von Gleiswendeln geschaffen werden. So müssen Interessierte insbesondere bei größeren Vorhaben nicht „frei im Raum schwebend“ nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ vorgehen.
Die Bewertung der Wirksamkeit erfolgte auf der Grundlage von Messungen, soweit meine Messanordnung reproduzierbare Ergebnisse lieferte. Wo dies nicht der Fall war, habe ich die Bewertung aufgrund meiner Beobachtungen und theoretischen Überlegungen vorgenommen. Die jeweilige Wirksamkeit habe ich anhand einer groben Skala mit bis zu 4 Pluszeichen eingestuft.
Begriffserklärungen sowie Formeln zur Berechnung der Streckenlänge der Gleiswendel, ihrer Steigung, der Zugkraft der Loks und des Fahrwiderstands der Waggons u.v.m. findet Ihr oben im Beitrag #6.
1) Näheres zu plausiblen Zuglängen s. hier (Beitrag #118) 2) Stopp / Start aller Züge an beliebiger Stelle der Gleiswendel und ohne umstürzende Waggons, kein Davonrasen losgerissener Waggons, keine Zugtrennungen am Übergang von Ebene zu Gefälle, Talfahrt entgleisungsfrei und ohne verhakende Kupplungen 3) Rechenformeln und Berechnungsbeispiele s. Beitrag #6 4) Jede Vergrößerung des Radius um 1cm ergibt ca. 6,3cm mehr Fahrstrecke pro Umdrehung. So ist z.B. bei einer 2gleisigen Wendel mit 8cm Gleismittenabstand das Außengleis pro Umdrehung ca. 50cm länger als das Innengleis. Je kleiner die Gleiswendel, umso stärker wirkt sich die Längendifferenz zwischen Außen- und Innengleis aus 5) Näheres siehe Beitrag #18 6) Schienenkopfbreite: Peco Finescale 0,78mm, Roco 1,11mm, Roco Line 0,98mm, Tillig 0,80mm 7) Einige haftreifenlose Dampfloks werden mit einer haftreifenbewehrten Austauschachse ausgeliefert. Ist dies nicht der Fall, kann man ggf. Haftreifen nachrüsten. Hierzu muss an einer Drehbank in den Radreifen eine Nut gestochen werden, die den Haftreifen aufnimmt. Dies ist mit Kosten und Risiken verbunden. Wer dies vermeiden will, kann ggf. auch mit Bullfrog Snot (flüssig auftragbarer Haftreifen) sein Glück versuchen. Bei Problemen (z.B mit der Stromaufnahme) kann Bullfrog Snot nachbearbeitet oder ggf. leicht wieder entfernt werden 8) Bei einigen Dampflokmodellen werden die Laufachsen durch eine Feder auf das Gleis gedrückt. Die Kraft dieser Feder entlastet die Treibachsen, vermindert also das Reibungsgewicht der Lok. Bei manchen Modellen ist die Federkraft unnötig stark. In einigen Fällen kann man die Feder durch Verbiegen etwas schwächen. Wenn der Vor- bzw. Nachläufer auch ohne Andruckfeder entgleisungssicher läuft, kann man sie entfernen 9) Dampflokmodelle haben meistens nicht genug Platz für eine wirksame Erhöhung des Ballastgewichts. Um die Zugkraft einer Lok ohne Haftreifen um 10g erhöhen, müsste man je nach Reibungskoeffizient des Modells ca. 60-100g Ballastgewicht einbauen. Dies entspricht einem Volumen von ca. 5,5-9 cm3 Blei 10) Bei Radien unter 60cm ggf. Entgleisungsneigung des Tenders. Durch Entfernung von 60g Ballastgewicht vermindert sich der Hangabtrieb auf einer 2% Steigung um 1,2g 11) Die Ballastgewichte in Accurail Kühlwagen und Boxcars wiegen 60g. Dies ermöglicht bei den auf meiner Anlage geplanten Zuglängen von bis zu 40 Waggons eine potenzielle Gewichtsersparnis von 2.400g, die auf einer 2% Steigung den Hangabtrieb um 48g vermindern würde. Je steiler die Steigung und je größer die Anzahl der Waggons, umso wirksamer ist diese Maßnahme 12) Näheres hierzu siehe Beitrag #12 13) Eine Auswahl - auch plastikkompatibler Schmiermittel - gibt es zum Beispiel hier 14) Für die Verwendung von Metallradsätzen gibt es viele gute Gründe, u.a. können sie z.B. auch den Rollwiderstand vermindern. Allerdings kann das Gewicht eines Metallradsatzes je nach Hersteller etwa 3,5g höher sein als das eines Plastikradsatzes (ca. 0,6g). Je leichter ein Waggon ist und je mehr Achsen er hat, umso stärker wirkt sich das höhere Gewicht von Metallradsätzen aus: So wiegt ein leerer Accurail Kohlewaggon mit Metallradsätzen 57g, mit Plastikradsätzen dagegen nur ca. 43g – eine potenzielle Gewichtseinsparung von 14g bzw. fast 25%. Bei Zuglängen von 40 Waggons summiert sich die potenzielle Gewichtseinsparung auf 560g, wodurch auf einer 2% Steigung der Hangabtrieb um 11,2g vermindert würde
Hallo, eine beeindruckende Zusammenstellung der Probleme bei Steigungen. Leider konnte ich heute noch nicht alle Beiträge lesen, aber in diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Video von Charlie Bishop, Chadwick Model Railway, hinweisen. In einem seiner Videos konnte er die Zugkraft der Loks beeindruckend erhöhen. In der Wendel sind unter den Gleisen Bleche montiert und die Loks haben Magnete an der Unterseite. Effekt : kein Schleudern. Den Beitrag könnte ich bei Bedarf suchen und als Link nachreichen. Gruss Rudolf
vielen Dank für Deinen interessanten Hinweis und Dein Angebot, das entsprechende Link hier zur Verfügung zu stellen. Ich bin sehr gespannt auf das Video von Charlie Bishop.
das u.a. Video wird wohl das sein, welches Rudolf meinte. Dort zeigt Charlie Bishop, wie er mit "Magnet-Technik" die Zugkraft von zwei Haftreifen-losen Dampfloks so erhöht, dass sie mit der von ihm gewünschten Zuglänge die Steigung seiner Gleiswendel bewältigen können. Zuvor hatte er erfolglos versucht, das Problem durch Verminderung der Gleiswendelhöhe pro Umdrehung um 6mm zu beheben; hierzu gibt es ein anderes Video von ihm. Die Steigung seiner Gleiswendel beträgt jetzt 2,3%.
Interessanterweise geht aus den Kommentaren zu Charlie Bishops's Video bei YouTube hervor, dass auch andere Modellbahner Traktionsprobleme mit Haftreifen-losen Dampflokmodellen auf Steigungen haben und als Lösung ebenfalls die Magnet-Technik anwenden.
Ein interessanter Nebenaspekt ist das blaue Plastik-Werkzeug, das Charlie Bishop zur Montage der Muttern auf den Gewindestangen benutzt. Nach längeren Recherchen habe ich es hier gefunden:
Das Werkzeug heißt Nut-Runner for Threaded Rod; der Hersteller ist Swiftnut in England. Im Handel habe ich das Werkzeug nur bei Amazon England gefunden. Dort ist es leider nur im 3er Pack zu bekommen.
Die Lösung mit "Magnet-Technik" oder alternativ ein "Phantomwaggon" (motorisierter Waggon, z.B. mit Motor-getriebenem Drehgestell aus einer Diesel- oder E-Lok) kann genutzt werden, wenn nicht genügend Platz zum Bau von Gleiswendeln mit großen Radien (=geringer Steigung) verfügbar ist. Für Haftreifen-lose Dampfloks sollte die Steigung einer Gleiswendel möglichst unter 2% liegen. Wer sich für entsprechende Messwerte und Videos von Testfahrten in der Gleiswendel interessiert, wird hier fündig:
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RE: Gleiswendel: Steigung, Radius etc.
23.03.2012 11:01 (zuletzt bearbeitet: 21.06.2020 23:20)
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